Festpredigt Weihbischof August Peters, Aachen
Liebe Mitchristen! Liebe Freunde!
Es würde mich nicht allzu sehr wundern, wenn der eine oder andere Kritiker sagen würde:
Was da alljährlich zum 1. Mai in Kallmuth geschieht, das ist nicht mehr als Folklore.
» In Echternach die Springprozession,
» in München das Oktoberfest und
» in Kallmuth der St. Georgsritt.
Die Menschen brauchen halt etwas fürs Gemüt
eine Abwechslung in ihrem oft stupiden Alltag.
Wäre das, was heute morgen hier in Kallmuth geschieht
und was nachweislich schon seit dem Jahre 1666 geschieht,
nicht mehr als Folklore und eine nette Alltagsunterbrechung,
dann wäre ich heute nicht hierher gekommen.
Für mich selber ist das, was sich heute hier
in diesem schönen Fest vollzieht,
in diesem Fest, für das wir den Ausrichtern einmal herzlich danken sollten,
» mehr als die Fortsetzung einer alten Tradition,
» mehr als nur etwas fürs Auge und fürs Gemüt.
Was aber das Mehr für mich ist, möchte ich in drei Punkten zu sagen versuchen:
Zunächst ist für mich bedeutsam,
dass heute morgen hier Menschen von nah und fern mit ihren Pferden oder auch als Mitfeiernde hierher gekommen sind, die sich unter den Segen Gottes stellen wollen,
» zusammen mit ihrem Pferd
und da-rüber hinaus
» mit allem, was ihr Leben ausmacht,
» mit allem, was sie froh macht und bedrückt.
Das ist ein sehr sinnvolles Tun
das Leben einem Größeren anvertrauen und IHN bitten, dass ER es segneeren, den wir GOTT nennen.
Von unserer eigenen Tüchtigkeit und Klugheit,
von unserem Wissen und unseren Errungenschaften allein können wir nicht leben.
Auch wenn wir technisch gesehen faszinierende Dinge machen können,
auch wenn wir Weltraumlabors um die Erde schicken,
auch wenn wir wissen, wie ein Herz transplantiert wird,
das Entscheidende unseres Lebens können wir nicht selber machen.
Es muss uns geschenkt werden.
ER, Gott, der Größere, muss zwischen uns sein,
ER muss uns segnen,
ER muss sich uns zuwenden,
ER muss mitgehen,
ER muss tragen und uns führen,
ER muss über unserem Leben sein,
über allem was wir denken, planen und tun,
über unseren Häusern und Arbeitsplätzen,
über Tieren und Feldern und Wäldern,
über unserer Freude und unserem Leid.
Ein Zweites ist für mich heute morgen bedeutsam:
Hier sind Menschen zusammengekommen,
die ihr Leben aus dem Geist des heiligen Georg gestalten möchten.
Wenn wir auch nicht historisch exakt das Leben dieses Heiligen rekonstruieren können,
so dürfen wir dennoch nicht übersehen und vergessen, was die Christen über Jahrhunderte hinweg von ihm überliefert haben.
Und das ist,
» dass er den Kampf mit dem Drachen, den Kampf mit dem Bösen aufgenommen und bestanden hat.
» St. Georg ist der Zeuge, der Mensch, der sich auf die Seite Gottes stellt.
Er macht nicht auf Anpassung und faule Kompromisse.
» Er weiß, dass man Gott nicht mit halbem Herzen dienen kann, sondern nur ganz oder gar nicht.
So ist der Zeuge, der Märtyrer:
Er geht für Gott aufs Ganze.
Gott ist für ihn keine Fata Morgana, die religiös überspannte sich zurechtträumen.
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Gott ist für ihn das Allerwirklichste auf dieser Erde,
das, was sich am meisten zu suchen und zu lieben lohnt.
Und für diesen Gott setzt er sein bestes ein, was er hat, sein Leben.
Am Georgsritt in Kallmuth teilnehmen, das bedeutet für mich persönlich,
dass ich bereit bin zu einem kompromisslosen Leben für Gott, für Jesus Christus, für sein Evangelium.
Noch anders gesagt:
» Ich muss bereit werden, mein Leben von Gott her zu denken.
» Ich muss aufhören
»» zu denken, was man so denkt,
»» zu sagen, was man so sagt,
»» zu tun, was man so tut,
»» und nur mitzulaufen, weil auch die anderen laufen.
Sich dem heiligen Georg anschließen und ihn zum Vorbild haben heißt für mich:
Ich muss vor allem GOTT fragen, was ER von mir will,
ER muss meine Orientierung und mein Kompass sein.
Und allem, was diesem Kompass nicht entspricht, muss ich den Kampf ansagen,
nicht mit Feuer und Schwert,
sondern wie ER, Christus, es in unserer Mitte getan hat.
» ER hat das Böse durch das Gute überwunden.
» ER hat geliebt und ist in seiner Liebe bis ans Kreuz gegangen.
Das war sein Sieg über das Unrecht und Unwahre, über allem Hass und Streit in dieser Welt.
Und ein Letztes ist für mich heute morgen bedeutsam:
HIER in Kallmuth treffe ich Menschen,
die miteinander feiern wollen und in Freundschaft und Freude zusammen sein wollen.
CHRISTEN ziehen nicht als Alleingänger und als Einzelkämpfer durch das Leben:
» Sie schauen vielmehr nach rechts und nach links,
» sie nehmen andere mit,
» sie tragen andere mit,
» sie sind offen und teilen , miteinander das Leben.
CHRISTEN sind Menschen,
die wissen,
dass man miteinander stärker ist,
dass man ein Bündel von Stäben, die fest zusammengebunden sind, nicht durchbrechen kann.
Und so suchen sie, wie es heute morgen geschieht, immer wieder den Tisch Christi, den Tisch der Eucharistie - in der tiefen Überzeugung, dass ein Leben ohne die Versammlung, ohne Stärkung an diesem Tisch nicht geht und nicht gelingen kann.
Was die Christen der frühen Zeit der Kirche so stark machte und andere so mitriss, das war
nicht, dass sie alles hatten, was auch andere hatten,
nicht, dass sie über einen großen Einfluss verfügten,
nicht, dass sie nach außen glänzten und imponierten.
Was sie stark machte, war einfach das, was uns die Apostelgeschichte erzählt,
» dass sie ein Herz und eine Seele waren,
» dass sie miteinander beteten,
» dass sie miteinander teilten,
» dass sie Freunde waren, und
» dass sie CHRISTUS zur Mitte ihres Lebens machten und ihn leidenschaftlich liebten.
Liebe Freunde,
lassen Sie mich schließen mit dem guten Wunsch, dass der diesjährige Georgsritt in Kallmuth uns dieses Dreifache erfahren lasse:
» Dass unser Leben nur unter dem mächtigen und starken Segen Gottes gelingen kann,
» dass wir berufen sind, in dieser Welt dem Bösen dem Unrecht den Kampf anzusagen,
» dass es etwas Schönes und Ermutigendes ist, in dieser zerrissenen und zerstrittenen Welt eine Gemeinschaft von Freunden zu sein
–
durch Jesus Christus.
Wenn wir das von neuem erfahren, wäre das auch der beste Dank an die vielen,
die uns dieses Fest bereiten und vieles von ihrer Zeit und Freundschaft für das Gelingen des Ganzen eingesetzt haben
- zu unserer Freude und zur Ehre Gottes |